Welpenschutz
Was den Welpenschutz betrifft so gibt es die verschiedensten Vorurteile und Märchen in der Literatur und im Volksmund. Greift ein älterer Hund einen Junghund an so wird er gleich als asozial und verhaltensgestört dargestellt. Auch hört man oft Halbwahrheiten wie ein Welpenschutz würde nur im eigenen Rudel existieren.
Wollen wir jedoch biologisch korrekt sein, dürften wir keinen Hund über 14 Wochen als Welpen bezeichnen. Will man sich an führende Verhaltensforscher wie Zimen oder Trumler anlehnen, so ist die Welpenphase rein biologisch bereits mit 12 Wochen vorbei und es könnte, selbst wenn es ihn gäbe, demnach nach diesem Alter auch kein Welpenschutz erwartet werden.
In der Frage ob es Welpenschutz jedoch überhaupt gibt sollte man etwas differenzierter vorgehen. Tatsächlich haben Welpen bei erwachsenen Hunden oft relative Narrenfreiheit. Um dies zu verstehen, muss man sich das Hundeverhalten etwas genauer ansehen.
Im freien Hunderudel achtet die erste Zeit – in der Regel bis zum Fressen fester Nahrung – die Mutterhündin auf den Nachwuchs. Diesen Schutz gewährt sie allerdings nicht selten, nachdem sie zunächst die von ihr als nicht lebenswert erachteten Tiere achtlos verhungern ließ oder gar aktiv tötete. Schon an dieser Eigenschaft sieht man, dass der Welpenschutz an sich kein biologisches Grundgesetz ist wie wir es uns oft romantisierend wünschen. In dieser Zeit wird der Wurf massiv gegen fremde Rudelmitglieder verteidigt, je nach Alter zunächst völlig tabuisiert und dann zunehmend lockerer. Im Alter von etwa 8 Wochen müssen die Welpen zunehmend mit Konsequenzen für Ihr Verhalten rechnen und werden auch von unbeteiligten Rudelmitgliedern zur Rechenschaft gezogen, erst sanft dann zunehmend stärker und deutlicher.
In der Regel wird jedoch keiner der Welpen ernsthaft verletzt da letztendlich der Wurf rein biologisch das Fortbestehen des Rudels garantiert und damit der eigenen Sicherheit dient.
Es ist ein feines System von Welpen die Ihre Grenzen beim jeweiligen Gegenüber kennen und Althunden oder Altwölfen welche die Welpen aus eigenem Interesse erziehen aber nicht dauerhaft beschädigen. Nichts desto trotz gehört die Tötung rudeleigener Welpen zu den häufigsten Todesursachen in wilden Hunderudeln.
Wie sieht es jedoch mit fremden Welpen aus? Gefangenschaftsrudelhaltung bei Hunden und Wölfen zeigten, dass fremde Welpen nicht selten getötet werden was biologisch den Zweck haben könnte die eigene Existenz zu sichern. In der Natur kommt dies selten vor da erwachsene Tiere kaum fremde Welpen zu sehen bekommen dürften, weil deren Rudel Ihr Revier und letztendlich auch seine Mitglieder verteidigen wird.
Es obliegt also aus mehrfacher Sicht dem Besitzer des Junghundes diesem eine Balance aus Sicherheit zu geben und dem Gefühl für sein Verhalten auch gradestehen zu müssen.
Man sieht also, dass der Welpenschutz weder im eigenem Rudel (eventuelles töten der Welpen durch die Mutter oder andere Tiere) noch fremden Welpen gegenüber existent ist.
Der Welpenschutz hängt alleine davon ab, wer wie gut auf die Welpen aufpasst und wie gut der Welpe und die anderen Rudelmitglieder sich der Folgen seines Handelns bewusst sind.
Der einzig wirksame Welpenschutz ist der Schutz den die Mutter Ihnen gewährt. Genießt sie Respekt so wird den Welpen nichts geschehen. Man kann also nicht einfach von einem asozialen Verhalten reden, wenn sich ein Fremdhund auf einen Junghund jenseits der 10 Wochen stürzt und diesen angreift, auch wenn es uns nicht gefällt ist es unter Umständen natürliches Hundeverhalten.Da aber natürliches Hundeverhalten in unserer Gesellschaft oft nicht erwünscht und durchführbar ist, muss hier Erziehung eingreifen. Oft geschehen diese Angriffe aus territorialen Hintergründen auf Spaziergängen während der Welpe harmlos spielt. Der fremde Hund sieht den neuen Junghund in seinem Revier, mit seinen Stöckchen spielen oder seine Vögel jagen, oder gar stürmisch gegen jede Etikette auf sich zulaufen oder schlimmer noch ihn (den aus seiner Sicht gesehenen Revierbesitzer) einfach ignorierend.
Auf die normalen Zeichen wie Stehenbleiben, Ohren vorlegen, steif gehen, Rute heben, größer machen, Verlängern der Maulspalte, Front zu Front stehen, Umkreisen auf Entfernung, T- Stellung oder direktes Ansehen achten die Welpen oft nicht und der fremde Hund nimmt sich der Erziehung an, wie er es als Hund als normal empfindet. Man kann also sagen, dass in aller Regel kein asoziales Verhalten vorliegt, sondern völlig normales Hundeverhalten. Das Problem dieser Situation liegt darin, dass sich die Besitzer beider Hunde dessen nicht bewusst sind. Die einen können ihren Hund nicht kontrollieren da er erstens nicht gut genug hört und sie zweitens sich gar nicht der möglichen natürlichen Reaktion bewusst sind und die Junghundehalter da sie Ihren Junghund wie einen Welpen halten und nicht wie einen Junghund der für sein Verhalten geradestehen muss.
Oft wurde ihm nicht einmal die Möglichkeit gegeben im Welpenkindergarten oder auf Spaziergängen mit anderen Junghunden seine Kommunikationsfähigkeiten mit anderen Hunden zu fördern.
Text: Andreas Noll / Lengerich